Der Klostergarten

Der Klostergarten

Der Kräutergarten des Klosters Allerheiligen in Schaffhausen Andreas praefcke, Creative Commons License Attr.-Share Alike 3.0 Unported

Kräutergärten nach dem Vorbild alter Klöster

Im frühen Mittelalter gab es nur in den Klöstern Kräutergärten. Die Mönche legten sie an, um Pflanzen zu kultivieren, die als Würzkräuter bei der Zubereitung der Mahlzeiten oder als Heilkräuter benötigten. Der älteste Klosterkräutergarten befindet vor den Mauern des ehemaligen Klosters auf der Insel Reichenau im Bodensee. Nachdem die gesamte Insel Reichenau mit ihren drei Kirchen vor wenigen Jahren in die Liste der UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen wurde, pilgern ganze Bus-Scharen nach Mittelzell, um die Klosteranlage und den Kräutergarten zu besichtigen, der sogar vor kurzem eine Sondermarke der Post zierte. Wenn man dann vor den wenigen, schmucklosen Kräuterbeeten steht, ist man zunächst einmal enttäuscht. Man hatte mehr erwartet!Doch die Klostergärten waren damals reine Nutzgärten. Die Beete wurden als Rechtecke so angelegt, dass sie sortenrein bepflanzt und leicht zu bearbeiten waren, ohne dass man die Kräuteranpflanzungen betreten musste. Und es gab damals auch nur relative nutzbare Kräuter. Exotische Gewürze und Heilpflanzen anderer Kontinente waren noch unbekannt. Dennoch sind viele dieser einheimischen Kräuter auch heute noch aktuell oder erfahren eine Renaissance. Ein Beispiel dafür ist das wieder erwachte, große Interesse an Hildegard von Bingen.
In der Schweiz haben Klostergärten eine weitaus längere Tradition. So gibt es beispielsweise einen Plan des Klosters von St. Gallen aus dem 9.Jahrhundert, in dem bereits die Lage und Größe der kräuterbeete eingezeichnet sind.

Der Innenhof eines Klosters bot einen vor Wind und Wetter geschützten Raum zum Anbau der Kräuter. Vorbild waren die Innengärten der Atriumshäuser römischer Landsitze in der Antike.

Geht man noch weiter in der Geschichte zurück, so stößt man auf einfache Gärten der keltischen Bauern. Sie begannen die Pflanzen, die die Menschen früher als Jäger und Sammler in der Natur fanden, zielstrebig anzubauen, umso für längere Zeit einen Vorrat an Kräutern zur Verfügung zu haben.

Garten der Vergessenen Kräuter

Viele dieser ersten kultivierten Kräuter schätzt man auch heute noch, die Bedeutung anderer Kräuter geriet in Vergessenheit. Nachdem Klostergärten wieder reges Interesse finden und wieder nach alten Vorbildern rekonstruiert werden, wäre es auch einmal interessant, einen frühgeschichtlichen „Garten der Vergessenen Kräuter“ anzulegen. Dazu gehören

  • eine Wildform des Selleries Apium graveolens, früher als Heilkraut zur Behandlung von Fieber, Asthma oder Lebererkrankungen geschätzt aber als auch Gewürzpflanze.
  • Die Zuckerwurzel Sium sisarum. Triebe und Wurzeln wurden in der Küche genutzt und als Heilmittel zur Blutreinigung und Anregung der Verdauung.
  • Der Gute Heinrich Chenopodium bonus-nericus, dessen Blätter als Salat oder Spinat genutzt werden können.
  • Die Gartenmelde Atriplex hortensis,deren Blätter als Spinat zubereitet werden und harntreibend wirken.
  • Der Alant Inula helenium, dessen dicke, fleischige Wurzeln mit Zucker bestreut oder als Gemüse gegessen wurde.
  • Ähnlich die riesigen Wurzeln des Meerrettichs Armoracia rusticana, die roh gerieben zu Fisch und Fleisch gereicht wurden oder in getrockneter Form zum Würzen von Suppen und Eintöpfen Verwendung fanden.
  • Das Wiesenschaumkraut Cardamine pratensis passt mit seinen Blättern, reich an Vitamin C, zu Salat, Gemüse oder Schleim. Es wirkt schleimlösend und beruhigt den Magen.
  • Die Gemeine Ochsenzunge Anchusa officinalis trägt mit seien Blüten und Blättern zur Bltureinigung und Schleimlösung bei. Aus der gemahlenen Wurzel wurde früher ein Mittel zum Färben hergestellt.
  • Auch die Färber-Resede Reseda luteola lieferte einen Farbstoff, ein leuchtendes Gelb.

Und mit diesen 10 Arten wäre der Garten der Vergessenen Kräuter bereits komplett. Denn mehr Kräuter standen damals nicht zur Verfügung. Und wer es ganz stilecht mag, der errichtet um jedes der Kräuterbeete einen niedrigen Flechtzaun aus Weidenruten. Das sieht richtig keltisch aus.

Mittelalterlicher Kräutergarten

Will man stattdessen einen Kräutergarten nach Vorbildern aus dem Mittelalter anlegen, ist die Auswahl schon wesentlich größer. Neben vielen bekannten einheimischen Arten kommen nun auch bereits Kräuter hinzu, die aus dem Mittelmeerraum und anderen Regionen stammen. Von den bereits genannten Vergessenen Kräutern sind nur noch der Gute Heinrich und der Alant übriggeblieben. Die anderen acht Kräuter sind im wahrsten Sinne in Vergessenheit geraten.

Im Zentrum eines solchen mittelalterlichen Kräutergartens werden neun quadratische Bete angelegt, die durch Wege voneinander getrennt sind. Hier werden Liebstöckel, Petersilie, Zitronenmelisse, Rauke, Bärlauch, Thymian, Salbei und der Kleine Wiesenknopf gepflanzt. In den Randbereich mit einem durchgehenden Beet, welches den Kräutergarten auf zwei oder drei Seiten einschließt, können weitere Kräuter, die weniger Platz beanspruchen, gesetzt werden: Schafgarbe Achillea millefolium, die Raute Ruta graveolens, Poleinminze Mentha pulegium, Echte Minze Mentha spec., Alant Inula helenium, Fenchel Foeniculum vulgare, Ysop Hyssopus officinalis, Gartennelke Dianthus caryophullus, Waldmeister Galium odoratum und das Lungenkraut Pulmonaria officinalis. Ursprünglich gehörte auch die Engelwurz Angelica archangelica dazu. Darauf muss man heute verzichten. Die Engelwurz ist vom Aussterben bedroht und steht unter Naturschutz.

Im ausgehenden Spätmittelalter kamen dann auch in den Klöstern Gartenanlagen hinzu, die nicht ausschließlich zur Kultivierung von Küchen- und Heilkräutern dienten, sondern durch Rasenflächen und Zierpflanzen zur Harmonie, Erbauung und Meditation beitragen sollten. Erst in der Renaissance hielten Gartenpflanzen auch in Schlössern und anderen Säkularbauten Einzug. In Barock und Rokoko erlebte die Gartenbaukunst schließlich ihren Höhepunkt.


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